Wie bei wahrscheinlich jedem aufkommenden Trend gibt es gerade auch bei Legal Tech zahlreiche Gerüchte und Vorurteile, die sich seit langem hartnäckig halten. Hier meine Einordnung dieser oft veralteten aber verbreiteten Vorbehalte!

- „Legal Tech ist überbewertet, gerade ist es doch schon optimal“
- „Legal Tech ersetzt Juristen in Zukunft“/“Mein Job ist in Gefahr“
- „Einen menschlichen Anwalt kann Legal Tech niemals verdrängen“
- „Mehr als ein großer Hype ist Legal Tech nicht“
- „Legal Tech ändert den Umgang mit dem Recht (negativ)“
- „Es wäre ein unkluge Entscheidung, sich völlig an Legal Tech zu binden“
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- „Legal Tech ist überbewertet, gerade ist es doch schon optimal“
Sicher, es läuft nicht schlecht und es ist ja auch sehr bequem, sich in einem bekannten Metier zu bewegen. Neuerungen sind erstmal etwas abschreckend; man muss sich in die Thematik einarbeiten und am Ende macht die Technik doch im Grunde auch nur das, was ich vorher schon selber gemacht habe.
Richtig und falsch: Die Technik macht zwar genau das selbe – aber eben deutlich schneller und somit effizienter. Sie kommt natürlich zum gleichen Ergebnis (es wäre ja auch ein Albtraum wenn nicht) aber sie spart dabei Zeit und selbstverständlich gilt der allgemein anerkannte Grundsatz, dass Zeit Geld ist.
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„Etwas zu verbessern gibt es immer!“
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2. „Legal Tech ersetzt Juristen in Zukunft“/“Mein Job ist in Gefahr“
Ja und nein! Durch die Zeitersparnis lassen sich bestimmte Aufgaben enorm viel schneller erledigen. Im extremsten Fall kann nun eben eine KI unzählige Dokumente in Sekunden nach Passagen scannen, wozu früher ein ganzes Team, an Associates nötig war. Das klingt erstmal erschreckend. Doch muss man dabei genau darauf achten, welche Tätigkeiten durch Legal Tech „ersetzt“ werden: Im Grunde automatisiert Legal Tech erstmal nur relativ stupide Prozesse oder beschleunigt diese durch einen Workflow. Es stellt eine Hilfe für den Anwalt dar, welcher mit den Tools effizienter – aber dadurch ja nicht zwingend weniger – arbeiten kann. Eine dystopische Science-Fiktion-Zukunft ist wohl wahrscheinlich immer möglich, doch dann erreicht sie wenigstens Anwälte erst einigermaßen am Schluss. Denn klar ist auch, dass einige juristische Entscheidungen und gewisse Besonderheiten noch lange nicht von den Maschinen übernommen werden kann. Bis dorthin besteht also keine Gefahr für den Juristen an sich, solange er den digitalen Weg mitgeht und sich auf seine Besonderheiten beruft und die stumpfen Aufgaben an Legal-Tech-Tools abgibt – so wirklich vermissen wird man Zettelchaos und ewiges Scannen oder Abschreiben/Abtippen wohl nicht.
Ich finde es hier besonders wichtig, Legal Tech eher als Chance, als Kollege und Hilfe anzusehen, anstatt als Bedrohung.
3. „Einen menschlichen Anwalt kann Legal Tech niemals verdrängen“
Das mag heute stimmen. So clever einige KI-Systeme heute auch sind, sie können noch nicht selbstständig denken, wie wir uns das vorstellen. Dennoch besteht die juristische Arbeit zu einem großen Teil nicht aus dem Erfinden neuer Lösungen, dem Denken im schöpferischen Sinne – sondern aus der (passenden) Anwendung bereits verinnerlichter Denk-Strukturen. Unser gesamtes Rechtssystem besteht im Grundsatz aus gewissen Regeln, die eine Bedingung und eine Folge haben. Was könnte sich also besser eignen, als Jura, um es in einem Computer-System abzubilden?
Problem ist: Es gibt zwischenmenschliche, moralische, emotionale und nicht vorhersehbare Faktoren im Recht. Und eben diese lassen sich Stand heute noch nicht durch eine noch so weit entwickelte KI in einer zufriedenstellenden Weise abbilden. Dennoch gilt, dass auch die Möglichkeiten heutiger Tools vor 15 Jahren undenkbar waren und man sich vielleicht an Weisheit aus dem deutlich Legal-Tech-fortschrittlichen Mitstreiter Großbritannien halten sollte: Never say never!
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„Zumindest in nächster Zeit wird der Anwalt nicht völlig ersetzt“
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4. „Mehr als ein großer Hype ist Legal Tech nicht“
Das konnte man am Anfang des Hypes wohl sicher sagen. Es sah so aus, als wäre die ganze Welt für kurze Zeit wie verrückt danach und nach einer gewissen Phase würde das wieder aufhören.
Wenn dies für Legal-Tech jedoch heutzutage vertreten wird zeigt es aber genau den anfänglichen Fehler: Viel zu lange wurde in Deutschland das Thema verschlafen. Während die USA und Großbritannien bereits den Traum vieler deutscher Legal-Tech-Enthusiasten leben können, scheitert es in Deutschland oft noch an der Bereitschaft, sich überhaupt auf das Thema einzulassen.
Fest steht: Legal Tech hat enorme Vorteile. Legal Tech hat sich bereits so etabliert, dass es nicht wieder verschwinden wird. Ein kurzzeitiger Trend ist es jetzt schon nicht mehr. Und Legal Tech hat dabei in Deutschland noch lange nicht sein Potential ausgeschöpft. Wenn man es nun immer noch verschläft, wird es ein böses Erwachen geben, wenn die Konkurrenz lästige Arbeit in Sekunden erledigt und den Sprung ins digitale Zeitalter geschafft hat.
Legal Tech in den USA
Legal Tech in GB
Legal Tech in 2021
5. „Legal Tech ändert den Umgang mit dem Recht (negativ)“
Bei vielen besteht die verständliche Sorge, dass die Automatisierung der Justiz schlussendlich doch den berühmt-berüchtigten „Juristen als Subsumptionsautomaten“ wahr werden lässt. Es entsteht ein viel zu schematischer Umgang mit dem Recht, das nun viel mehr als Rohstoff angesehen würde, oder als Produktionsmittel. Hierin steckt die eigentliche Sorge vor Legal Tech: Es sei die Digitalisierung dieser Branche, so wie die industrielle Revolution aus Handarbeit Fabriken machte.
Richtig ist, dass Automation zumindest heute noch auf dem einigermaßen stumpfen Folgen eines Entscheidungsbaumes beruht. Mehr ist heute noch nicht möglich, aber mehr braucht man ja auch nicht. Es geht darum, in Beriechen wo es möglich ist, Aufgaben zu digitalisieren. Denn wenn ein bestimmter – dann eben auch juristischer – Vorgang klaren Regeln folgt und weder Wertentscheidungen noch Ermessensspielräume involviert sind, dann ist ein Subsumptionsautomat genau richtig dafür!
Vergessen wird hierbei gerne, dass Legal Tech sehr viel mehr ist als Hollywood-ähnliche Ersetzung von Richtern mit künstlicher Intelligenz. Bei Legal Tech geht es um alle Bereich der Arbeit, wie etwa auch die Vereinfachung der Aktenbearbeitung, Arbeitsteilung und Dokumentenerstellung durch Anwaltssoftware wie https://www.legalvisio.de/.
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„Legal Tech automatisiert (nur) da, wo es sinnvoll ist“
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6. „Es wäre ein unkluge Entscheidung, sich völlig an Legal Tech zu binden“
Das mag ein berechtigter Zweifel sein. Legal Tech ist relativ neu und so wirkt es, als könnten sich darin große Probleme verbergen, die noch nicht bedacht wurden. Und wie bei fast allem, was neu ist, sind wir erstmal skeptisch und überlegen uns gut, ob wir uns darauf wirklich einlassen wollen. Doch ist es nicht so, dass es ein Nachteil ist, seine Kanzlei nun umzustrukturieren. Legal Tech ist seit Jahren im Einsatz und große wie kleine Kanzleien nutzen es täglich. Nun sicherheitshalber abzuwarten ist dagegen ein Fehler.
Wer zu lange spekuliert, wie groß der Eisberg womöglich auf der verborgenen Unterseite sein könnte, anstatt Taten zu ergreifen… fährt ähnlich der Titanic wahrscheinlich genau in ihn herein.
Nun ist der Mut gefragt, diesen Schritt zu wagen. Der beste Einstieg ist dabei, sich erst einmal in Ruhe mit dem Thema zu beschäftigen. Je vertrauter man damit wird, desto mehr wird klar, dass tatsächlich die meisten Mythen und Sorgen mehr Angst und Vorstellung als Realität sind.