Hübsches Recht? Klingt zunächst seltsam und unangebracht, schließlich gibt es wenige Studiengänge, die als trockener oder langweiliger beschrieben werden. Auch die Anwaltstätigkeit oder Gerichte sind nicht gerade Party-Kracher und das auch zurecht. Warum also… oder vor allem wie soll Jura nun Pepp verliehen werden? Nun ja, es geht nicht um bunte Überschriften oder mehr Bilder in Lehrbüchern. Es geht vor allem darum, Recht auf eine Weise neu zu designen, die es verständlicher für Laien macht. So soll mehr Zugang zu dem sonst oftmals als zu abstrakt beschriebenen Gebiet ermöglicht werden, was einem Rechtsstaat grundsätzlich sehr wichtig sein sollte. Doch auch Studium und Praxis sollen so erleichtert werden. Hier wird beleuchtet, warum das nicht so einfach ist, wie manch einer denkt.
1. Das Grundproblem
Alle Nicht-Juristen kennen es: Man liest einen juristischen Text und bis auf einige Verben kennt man die meisten Worte nicht einmal so wirklich. Diese hochtrabende, super detaillierte und ausführliche Weise des Ausdrucks bringt so manchen Leser schon mal zur Weißglut. Evident, normative Gesichtspunkte, Empfängerhorizont und Schranken-Schranken sind da noch leicht verständliche Begrifflichkeiten. Hinzu kommt eine ohnehin komplexe Materie: Was soll denn das mit dem Tier und der Sache in § 90a BGB? Und wieso hat mein Kauf des Brötchens einen Verpflichtungs- und einen Verfügungsteil?
Juristen hingegen kennen es auch: Sie sind es zwar seit dem Studium gewohnt, doch manchmal kann es dennoch nerven. Wenn Gerichtsentscheidungen mehr aus heißer Luft mit wild um sich geworfenen Fachbegriffen bestehen oder Definitionen in Kommentaren über mehrere Seiten gehen. Der einzige Unterschied ist, dass Juristen um die Notwendigkeit dieser komplizierten Sprache wissen.
2. Eine gewisse Notwendigkeit
Denn zur Überraschung vieler ist Jura nicht so kompliziert, um den Laien zu ärgern. Auch soll damit nicht einer Elite alleine das Privileg des Rechtsstaates zukommen und vor allem ist Juristen meistens auch nicht einfach langweilig. Sondern die Komplexität der Sprache ist dem Umstand geschuldet, dass mit der Sprache die Rechtsanwendung steht und fällt. Ungenauigkeiten darf es nicht geben bei dieser tiefen Materie. Und dass Jura an sich komplex ist, ist der Komplexität des alltäglichen Lebens geschuldet. Erst durch Zufälle, kleinste Abweichungen und viel Ausnutzen von Grauzonen wird Recht immer und immer komplizierter. Oder würde ein Laie eine Waffe im StGB besser definieren können? Nein, denn ob nun das Küchenmesser oder der zum Training mitgebrachte Schläger des Baseball-Spielers zählt, ist eben gar nicht so einfach. Auf dem Sofa zuhause mag das anders wirken, aber erst mit steigender Beschäftigung mit Problematiken erkennt man diese – vorhanden sind sie aber leider und ignorieren führt zu neuen Problemen.
3. Warum nicht alles einfacher machen?
Doch was wäre denn, wenn man einfach alles nicht so streng nehmen würde? Was, wenn man nun die verschiedenen Theorien zum ETBI mal dahinstehen lässt? Oder wenn man nicht mehr zwischen realer und finaler Leistungsbewirkung unterscheidet?
Ganz klar: Es würde leichter werden. Es macht zwar sicher manchen Spaß, sich mit den dogmatischen Feinheiten des Rechts auseinander zu setzen. Doch für die meisten wäre es sicherlich eine große Erleichterung. Aber: Es würde zu großer Rechtsunsicherheit führen. Grundsätzlich werden nämlich keine Meinungsstreits geführt, wenn sie nicht entscheidungserheblich sind. Und so wüsste man eben nicht, ob denn nun der Baseballspieler eine Haftstrafe zu erwarten hat, oder eben nicht. Oder ob Amazon nochmal an den Minderjährigen die Spielekonsole leisten muss, oder nicht.
Dieses Gefühl der Unsicherheit haben Laien bei Gerichtsverfahren ohnehin. Es wirkt auf sie geradezu zufällig, was im Ergebnis herauskommt. Doch das ist es nicht und das ist wichtig. Auch wenn es schwer zu verstehen ist, gibt es ein festes Konzept dahinter. Und dies führt zu Überprüfbarkeit von Urteilen und ist so der beste Schutz vor Willkür.
4. Warum aber nicht manches einfach streichen?
Gibt es Dinge, die komplizierter sind, als sie sein müssten? Vom Grundsatz her entstehen aufgeblasene Problemstellungen immer nur dann, weil sie in einem vorgekommenen Fall entscheidend waren. Jemand nutzte eine Lücke aus, also musste sie geschlossen werden. Und dennoch gibt es gerade im Bereich der Professoren immer wieder auch „theoretische Meinungsstreits“. Diese sind tatsächlich nicht praxisrelevant und könnten aus dieser Hinsicht gestrichen werden. Das würde aber höchstens einer Handvoll Studenten an diesem Lehrstuhl helfen. Gerade im Studium gilt aber auch, dass Systemverständnis und juristische Arbeitstechnik auch prima in der Theorie erlernt werden können. Dies sind zudem meist nicht Themen, mit denen der Durchschnittsbürger überhaupt in Berührung kommt, sodass sie auch kaum stören. Sexy macht es das Gesamtgebiet Jura aber nicht gerade. Und genau darum geht es Legal Design schließlich.
5. Es gibt Verbesserungspotenzial!
Dieser Artikel soll jedoch auch nicht als generelle Rechtfertigung dienen. Die Komplizierte Sprache in juristischen Texten und die Unendlichkeit an Details sind ein großes Problem. Sie müssen dringend angegangen werden und das gerade trotz der obenstehenden Hindernisse. Gerade aufgrund er Schwierigkeit des Unterfangens ist es gut, dass Legal Design ein interdisziplinärer Ansatz ist. Juristen müssen dabei auch für Neues offen sein und über den Tellerrand blicken, wenn andere Fachbereiche Änderungen vorschlagen. Sich immer mehr hinter Komplexität mit Verweis auf die komplizierte Welt zu verstecken ist keine Lösung. KI, Rechtsphilosophie, Geschichte und Linguistik können wertvolle Vorschläge liefern, die gründlich aber offen geprüft werden müssen.