Es ist wohl eines der letzten Rechtsgebiete, welches mit Automatisierung und Legal Tech in Verbindung gebracht wird. Doch auch das Strafrecht bietet seine ganz eigenen Chancen für Digitalisierung. In diesem empfindlichen Rechtsgebiet muss mit großer Vorsicht vorgegangen werden – was jedoch nicht generell vom Einsatz moderner Technik abhalten sollte. Dieser Beitrag möchte die spezifischen Potenziale und Risiken von Strafrecht in Bezug auf Legal Tech untersuchen: Kanzleien, Gerichte und Staatsanwaltschaften werden mit Blick auf ihren jetzigen Stand, eine realistische Einschätzung und die nahe Zukunft untersucht.
1. Einführung
Legal Tech ist die technisch unterstützte Automatisierung von Recht. Gemeint sind damit jegliche Formen an Technik – von der Online-Datenbank bis zur autonomen Entscheidung durch KI. Eine digitale Anwaltssoftware oder ein Textbearbeitungsprogramm zählen ebenso dazu. Legal Tech wurde zu Beginn als Hype abgetan, mittlerweile wird es eher als Bedrohung angesehen. Entweder weil Anwälte ersetzt werden, oder aber weil KI die Gerichte und dann die Menschheit übernimmt. Was neutral feststeht ist, dass Legal Tech einige Vorteile mit sich bringt: Durch Automatisierung von repetitiven Aufgaben wird die Arbeit nicht nur spannender, sondern vor allem ergibt sich eine große Zeitersparnis. Eine effizientere Arbeitsweise macht die Kanzlei profitabler und die Mandanten glücklicher.
2. Legal Tech im Strafrecht
Das Strafrecht hat zur Aufgabe, seinem Namen gerecht zu werden und Menschen zu strafen. Dies geschieht aus verschiedensten Gründen und natürlich in verschiedensten Ausmaßen. Hier zeigt sich bereits die enorme Individualität dieses Rechtsgebiets: Kleinste Änderungen im Sachverhalt bzw. der Beweisaufnahme führen zu vollkommen anders gelagerten Verfahren und Urteilen. Und es steht so einiges auf dem Spiel für die Angeklagten, weshalb eine Einzelfallentscheidung hier vielleicht so wichtig ist wie sonst nirgends. Dies spricht natürlich grundsätzlich gegen ein großes Potenzial für Automatisierung und somit gegen Legal Tech. Es ist eben ehrliche Handarbeit des Anwalts gefragt, wie es sich ja eigentlich auch gehört. Oder?
3. Datenanalyse
Doch nicht erst im Gerichtssaal oder am Schreibtisch des Anwalts startet ein juristischer Prozess. Schon direkt am Anfang, nämlich bei der Beweisaufnahme, bietet Legal Tech wertvolle Vorteile. Automation kommt hier vor allem bei der Auswertung von besonders großer Datenmengen zum Einsatz. Mengen, die ein Anwalt allein, eine Behörde oder gar die berüchtigten armen Praktikanten nicht bewältigen könnten. Vorkommen kann das eben nicht nur bei großen M&A-Deals im Zivilrecht, sondern auch bei Korruptionsfällen oder im Wirtschaftsstrafrecht generell. Auch die Auswertung von Laptops und anderen Datenträgern kann heutzutage schon zu vielen TB an Daten führen. Hierfür gibt es verschiedene Software-Varianten und vor allem werden diese in letzter Zeit erst so richtig gut. eine Suchfunktion in Word ist dann eben doch nicht hiermit vergleichbar, auch wenn sie den wertvollen Effekt gut verdeutlicht.
4. Vor Gericht
Je nach Definition ist Legal Tech schon lange vor Gericht im Einsatz. Digitale Helferlein gibt es hier schließlich auch einige. Doch gerade durch KI ergeben sich hier wirklich klassische Anwendungsfelder für KI: Ein Video vorzuspielen ist eben keine Automatisierung, KI-gestützte Modelle von Sachverhalten und die automatisierte Beweisaufnahme aber schon!
Denn es kann sogar richtig „fancy“ werden, mit VR-Brillen in Verhandlungen. Hier geht es um genau die Animationen, die man in Serien wie NCIS aus den letzten Jahrzehnten kennt: Von wo kam der Schuss, wenn er in diesem Winkel eingetroffen ist? Wo standen welche Zeugen und was konnten sie vom Unfall sehen?
Ebenso futuristisch wird es beim technikgestützten Prüfen von Aussagen und Beweisen. Leichte Widersprüche lassen sich herausfiltern und Unstimmigkeiten wenigstens markieren. Hier ist eine menschliche Nachprüfung natürlich nötig, aber es geht ja auch nicht um Ersetzen und mehr um Unterstützung.
5. In der Kanzlei
Dem Anwalt hilft bei der Arbeit natürlich auch eine digitale Kanzleisoftware. Übersichtlichkeit, direktes Finden von Akten und Beweisen, alle Informationen jederzeit und unterwegs griffbereit und kein lästiges Arbeiten an repetitiven Aufgaben. Dies sind nur einige der Vorteile, die für jedes Rechtsgebiet durch eine Software gelten. Auch automatisierte Dokumentenerstellung kann natürlich in einer Strafrechtskanzlei viel kostbare Zeit sparen. In Zukunft könnten jedoch auch andere Komponenten hinzukommen: Rechtsvorhersage etwa hat zum Ziel, durch KI die Erfolgsaussichten von Anklagen und bestimmten Verteidigungsstrategien vorherzusagen. Hierfür wird auf einen riesigen Pool vergangener Entscheidungen zurückgegriffen. Dies ist im Common Law sehr viel besser möglich, wird jedoch auch in Deutschland intensiv erforscht.
Insgesamt gesehen kommt also auch im Strafrecht niemand an den Neuerungen moderner Technik vorbei – und das ist für alle Beteiligten auch ganz gut so.