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Legal-Tech-Reform des Staatsexamens! Teil 1: Die alte Pyramide der Kanzlei

Seit Jahrzehnten kommen in regelmäßigen Abständen Forderungen auf, das Staatsexamen abzuschaffen oder zumindest in seinen Grundzügen zu revolutionieren – und das fordern nicht nur verzweifelte Studenten vor den Prüfungen und erfolglose Kandidaten nachher. Das Staatsexamen hat eine ganze Reihe an Baustellen: Es ist von seinem Inhalt her nicht an die aktuelle Arbeitswelt angepasst, die Bearbeitungsmodalitäten entsprechen nicht den modernen technischen Standards und generell scheint es in vielen Bereichen überflüssig zu werden. Daher möchten wir nun untersuchen, ob das Staatsexamen als solches eine Zukunft hat und wie sich diese so gestalten lässt, dass es einen echten Mehrwert bringt, anstatt nur auszusortieren. Die Fortsetzung gibt es in Teil 2 und Teil 3.

1. Die harten Einstellungsgrenzen weichen auf

Bekannt ist sowieso, dass nicht einmal die amerikanischen und britischen Großkanzleien an ihren ehemaligen Einstellungskriterien von 20 Punkten in beiden Staatsexamen zusammen oder in letzter Zeit wenigstens 9 Punkte pro Examen festhalten können. Die Justiz macht es vor und ändert beinahe jährlich die Grenze um einen halben Punkt pro Examen nach unten. 8 oder auch 7 Punkte sind das neue Prädikat und das aus gutem Grund, denn immer weniger Studenten schaffen die magische Grenze der 9 Punkte, weil zudem demographisch ein Wandel geschieht. Es ibt einfach grundsätzlich schon zu wenige Examensabsolventen, da haben Kanzleien und Justiz gar keine andere Wahl, als ihre Ansprüche herunterzuschrauben. Wie in so vielen Branchen gilt als: Während viele aus der älteren Generation in der nächsten Zeit in den Ruhestand gehen, fehlt es an Absolventen mit den gewünschten Noten. Aber ist das auch der Grund, weshalb Kanzleien jeder Größe nun vermehrt junge Bewerber auch ohne Staatsexamen anstellen?

2. Technische Entwicklungen als Grund?

Antwort: Nein! Es ist nicht die bloße Verzweiflung, die zu diesem Phänomen führt. Viel eher ist es eine große und umfassende Umwandlung der typischen Arbeitsstrukturen in Kanzleien. Und diese geschieht aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung der Rechtsbranche. Legal Tech als Überbegriff erfasst hierbei verschiedenste Faktoren, wie digitale Akten, automatisierte Dokumentenmanagement durch Anwaltssoftware wie Legalvisio oder aber KI-gesteuerte Arbeitsprozesse oder big-data Knowledge-Management. Alleine diese ausgewählten Faktoren haben einen sichtbaren Einfluss auf die tägliche Arbeit eines Anwalts und nachdem dieser sich mehr und mehr entwickelt, tut es auch die Struktur der Kanzlei. Sobald sich diese Disruption dann auf dem Arbeitsmarkt ausbreitet wirkt dies zurück auf die juristische Ausbildung und das Staatsexamen. Ein genauer Blick hierauf lohnt sich also gerade in Zeiten, in denen ein ChatGPT für Recht entwickelt wird und ohnehin alles im Wandel ist, was einmal unumstößlich schien.

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Die typische „Pyramide“ als bisherige Arbeitsstruktur einer Kanzlei mit einer Verdopplung der Mitarbeiter pro Ebene

3. Bisherige Struktur einer typischen Kanzlei

Es taucht in Serien über Großkanzleien auf und gilt aber genauso für alle anderen Kanzleien: Die typische Struktur einer Kanzlei sah bisher aus wie eine Pyramide. An der Spitze steht ein Partner, bei Kanzleien mit mehreren Partnern hat jeder seine eigene Pyramide und unter ihnen gibt es ebenso eine Pyramide aus Senior und Junior Partnern.

Darunter folgen Managing Associates oder auch Seniors. Während der Partner je nach Kanzlei mehr für die Mandantenakquise oder Betreuung zuständig ist, übernimmt der Managing Associates die ihm vom Partner zugewiesenen Aufgaben und prüft, welche von denen er mit seiner höheren Erfahrung selbst bearbeiten muss und welche er wiederum an sein Team von Associates weitergeben kann.

Und auf der untersten Stufe folgen als jüngster Teil der Kanzlei die Associates oder aber Juniors. Sie machen gleichzeitig den mit Abstand größten Teil aus und übernehmen typischerweise aufgrund fehlender Erfahrung die weniger komplizierten Aufgaben oder zeitaufwendige „Fleißaufgaben“, wodurch sich die erfahreneren Seniors und erst Recht die Partner auf juristisch verzwacktere Probleme konzentrieren können.

4. Vorteil der bisherigen Struktur

Diese Struktur ergibt im Hinblick auf die Mandatsarbeit sehr viel Sinn: In einem Mandat stecken Teilaufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die härtesten Aufgaben können nur von einem kleinen Teil der Mitarbeiter erledigt werden, die gleichzeitig auch die eigentliche Mandantenbetreuung übernehmen. Die einfachsten Aufgaben auch ihnen, also den Partnern, zu geben bedeutet, dass sie diese erledigen müssen, bis sie wieder eine schwere in Angriff nehmen können. Bis dahin steht die Arbeit in der Kanzlei, denn niemand sonst kann die schweren Aufgaben übernehmen.

Doch selbst wenn in einer Kanzlei nun alle Anwälte das Potential dazu haben, auch die kompliziertesten Aufgaben zu erledigen ist dennoch eine gewisse Hierarchie notwendig, damit ein übergeordneter Teil den Überblick über das Mandat behält.

Zu den Nachteilen der bisherigen Struktur und zum neuen System geht es hier zu Teil 2 und Teil 3!

Die Entwicklung kommt in Teil 2!

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