In den Teilen 1 und 2 wurde bereits klar, dass der bisher typische Aufbau einer Kanzlei Vor- und Nachteile hat. Die klassische Pyramide bietet Hierarchie und Arbeitsteilung entsprechend der Erfahrung der Mitarbeiter. Sie hat sich über lange Zeit bewährt und dennoch scheint sie nun abgelöst zu werden. Denn insbesondere das Staatsexamen scheint mit der Einführung des Jura-Bachelors (gerade auch etwa neu in Hessen) immer mehr an Bedeutung zu verlieren. In diesem letzten Teil soll es darum gehen, wie genau sich das neue Modell ausgestalten könnte, wie Legal Tech eine entscheidende Rolle spielt, was ein Project Lawyer ist und ob am Schluss das Staatsexamen tatsächlich an Bedeutung verliert.
1. Rückblick
Die ursprünglich typische Form der Pyramide als Struktur einer Kanzlei ergab sich daher, dass sich die Mitarbeiterzahlen von oben nach unten multiplizierten. Mithin war Ebene 3 größer als Ebene 2 und diese wiederum größer als Ebene 1. Ein Partner hat nun nicht mehr dreimal mehr direkte Untergeordnete und diese wieder dreimal mehr, sondern der Faktor 3 wird sich nach und nach zu einer 2 bzw. gar einer 1 entwickeln. Doch wie geht das, wenn doch die Arbeitslast gleich bleibt?
2. Ist das neue Modell nicht doch eine Pyramide?
Ja – wenn man die Kanzlei an sich anschaut mit den typischen Anwälten ist es eine Säule.
Nein – wenn man sich die aktuellen Entwicklungen neuer Arbeitstypen in einer Kanzlei ansieht. Denn es treten zwei neue Akteure auf das Spielfeld: Einerseits Project Lawyers und andererseits Legal Tech Software und Teams. Inwieweit ihre Zahlen das Gesamtbild tatsächlich wieder zu einer Pyramide ergänzen bleibt abzuwarten. Die Entwicklung an sich ist aber das eigentlich spannende.
3. Was sind Project Lawyers?
Erst kürzlich zieht mit Hessen ein weiteres Bundesland nach und integriert den Bachelor of Laws (LL.B.) in das Jura-Studium. Der noch wenig beachtete Bachelor breitet sich immer mehr in Deutschland aus und bietet eine Alternative zum StEx, die in Zukunft immer beliebter werden könnte. Denn außer dem Examen (und somit der Arbeit vor Gericht) unterscheidet sich die Ausbildung wenig. Damit wird es einen ganz erheblichen Nachschub an Project Lawyern geben. Doch was sind eigentlich Project Lawyer und wieso sollten sie in Zukunft überhaupt eine größere Rolle spielen?
Ein Project Lawyer unterscheidet sich vom herkömmlichen Anwalt insbesondere durch seinen Abschluss. Der Begriff ist nicht eindeutig bestimmt, sodass er unterschiedliche Bedeutungen hat. Manchmal sind Project Lawyers Anwälte mit dem ersten, nicht aber dem zweiten Staatsexamen. Meist wird aber nicht einmal das erste Examen gefordert oder gar wird kein Jura-Studium vorausgesetzt. Häufig stammen Kandidaten dann aus dem BWL-Studium oder Projekt-Management-Ausbildungen.
4. Nachteile eines Project Lawyers
Nun ist es natürlich schön, Kandidaten ohne dem zweiten juristischen Examen eine Chance zu geben, doch wieso sollte eine Kanzlei das machen? Dass Jura-Studium und Anwaltsarbeit sich stark unterscheiden ist wohl nicht mehr bestritten. Doch lernen Jurastudenten wohl zumindest grundlegende Techniken und Stile von juristischem Arbeiten und entwickeln vielleicht auch ein gewisses Gefühl für bestimmte Rechtsfragen. Fehlt das nicht einem Kandidaten, der noch nie Jura studiert hat?
5. Die Aufgaben eines Project Lawyers
Doch, aber deswegen kümmern sich Project Lawyers um andere Arbeit: Wie der Name schon sagt kümmern sie sich um das Projekt als ganzem. Sie koordinieren, sprechen ab, halten Kontakt und überwachen den Fortschritt. Ein Mandat wird als Projekt angesehen mit vielen Komponenten. Alles unter einen Hut bringen sollen Project Lawyers und damit nehmen sie den herkömmlichen Anwälten (von Partner bis Associate) diese Arbeit ab. Voll ausgebildete Juristen kümmern sich also um die juristische Arbeit und haben dafür nun sehr viel mehr Zeit! Abgesehen davon sind Project Lawyers in manchen Fällen kostengünstiger oder bringen andere wertvolle Erfahrung oder Weiterbildung mit.
6. Legal Tech als Treiber der Entwicklung
Zeit sparen und juristische Ressourcen gezielter auf juristische Arbeit einsetzen? Das ist doch bekanntermaßen auch das Ziel von Legal Tech – und so überrascht es wohl kaum, dass die andere Seite der Pyramide in Zukunft mit Sicherheit von Legal Tech ausgefüllt wird.
Wenn das Mandat als Projekt angesehen wird und sich das Kern-Team von Anwälten auf die tatsächliche juristische Arbeit konzentrieren soll ist es nur logisch, repetitive Aufgaben zu automatisieren oder zeitaufwendige Herausforderungen durch Legal Tech zu beschleunigen. Als Kanzleien begannen, Software oder KI in der Mandatsarbeit einzusetzen kam es überhaupt erst dazu, dass eine Schnittstelle zwischen Anwälte und Software nötig wurde. Von nun an wurden Teams genau hierauf spezialisiert und Kanzleien fingen an, Mandate als Projekte zu betrachten und konkrete Teams für Aufgaben aufzubauen.
7. Fazit
Nein, überflüssig wird das Staatsexamen nicht. Es bietet Kontrolle über die Ausbildung eines Juristen und in einem solch sensiblen Feld ist das wichtig.
An Wichtigkeit verlieren wird das Staatsexamen jedoch als Einstellungskriterium. Es wird mehr darauf geachtet werden, wie passend ein Kandidat für die unzähligen Zahnrädchen der Maschinerie Kanzlei ist. Die Pyramide verändert sich zu einer neuen Form und Arbeit wird anders und schneller erledigt werden. Durch technische Unterstützung und einem konzeptionellen Umdenken der Arbeitsstruktur. Hier geht es nochmal zu den Teilen 1 und 2.