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Blockchain als Grundbuch: Werden die §§ 883 ff., 892, 894 BGB unnötig?

Das Grundbuch ist eines der zentralen Institute des deutschen Zivilrechts. Es hat Auswirkungen auf die Stabilität unserer Wirtschaft, ist „das heilige Buch des Rechts“ und bringt viele Vorteile mit sich. Jedoch hat es auch Schwächen, die meist darauf beruhen, dass es zwar seit einiger Zeit digital ist, aber dennoch wie ein Buch funktioniert. Die Blockchain wäre eine passende Antwort auf diese Fragen, indem sie keine Verzögerungen abwarten muss, sicher nachzuvollziehen und von allen einsehbar ist. Die Regelungen etwa im BGB zum Öffentlichen Glaube des Grundbuchs würden nicht mehr gebraucht werden, ja sogar das ganze Institut der Vormerkung könnte wegfallen. Das ist jedoch nichts Negatives, sondern gerade Ausdruck der Verbesserung!

1. Was ist das Grundbuch?

Das Grundbuch ist ein zentral geführtes Register über Rechte an Grundstücken. Dies bezieht sich auf das Eigentum an ihnen, ebenso wie auf Hypotheken, Dienstbarkeiten oder sonstige dingliche Rechte.
Es ist pro Grundstück untergliedert in verschiedene Abschnitte, welche einerseits das Grundstück genau nach Maß und Lage beschreiben, historisch den Eigentums-Prozess aufzeigen und schließlich Beschränkungen und Belastungen festhalten. Hierbei gibt es bei mehreren Belastungen eine strenge Reihenfolge bzw. besser Rangfolge, die bei der Vollstreckung in das Grundstück relevant wird.

2. Warum gibt es das Grundbuch?

Ein Grundbuch ist keine Selbstverständlichkeit, so gibt es auch heute noch Länder auf der Welt, denen ein zentral geführtes Register über Eigentumsverhältnisse an Grundstücken fremd ist. Der Gedanke hinter dem Grundbuch ist nicht Bürokratie oder die Schaffung des Notar-Berufs. Es geht darum, dass Grundstücke meist mit einem hohen Wert einhergehen und daher ihre Zugehörigkeit mit einiger Sicherheit bestimmt werden können sollte. Das klingt nun banaler, als es ist: In den Ländern, die bis vor kurzem kein Grundbuch hatten herrschte die auch dem deutschen Recht bekannte Vermutung des § 1006 I S.1 BGB. Wer im Besitz des Grundstücks war, dem gehörte es auch. Doch leider ist das keine Examensklausur, sondern bedeutete Brutalität und Krieg über Ländereien.

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3. Was bringt das Grundbuch?

Nach Einführung eines Grundbuchs zeigte sich in den Ländern nicht nur mehr Rechtssicherheit. Die Wirtschaft blühte regelrecht auf. Warum? Weil Investoren zuvor keinesfalls auf die Idee kamen, Grundstücke zu erwerben, die ihnen vom Nächstbesten mit einer Waffe abgenommen werden könnten. Durch die Rechtssicherheit des Rechtsscheinträgers Grundbuch, das zudem mit der staatlichen Durchsetzung des Eigentums verbunden ist, trauten sich das immer mehr Investoren.

Es gibt zwar Alternativen zum Grundbuch – etwa könnte man allein auf beurkundete Kaufverträge abstellen – doch sind diese weitaus anfälliger für Fälschungen, als es beim Grundbuchamt der Fall ist. Dass auch so noch Korruption herrschen kann, ist auf einem anderen Blatt geschrieben.

4. Woher dann die Kritik?

Die Probleme des Grundbuchs sind hausgemacht: Mit den hohen Sicherheitsstandards geht auch die hoheitliche Führung des Grundbuchs einher. Eine Abteilung der Amtsgerichte führt es und ob wegen Überlastung oder anderer Gründe – seine Bearbeitung kann etwas Zeit brauchen.

Das ist jedoch bei einem heiklen Gebiet wie den §§ 873, 925 BGB nicht mit Abwarten und Tee trinken ausgestanden. Etwa mit Blick auf etwaige gutgläubige Erwerbe nach den §§ 932 ff. BGB kommt es stets genau auf bestimmte Zeitpunkte an. Was passiert, wenn zwischen Antrag auf Eintragung im Grundbuch und der tatsächlichen Eintragung Bösgläubigkeit eintritt? Hieraus können sich Fehler ergeben, die freilich über § 894 BGB korrigiert werden können, jedoch braucht auch das wieder seine Zeit, in der neue Konflikte entstehen können – schließlich kann ein Grundstück nur einmal dinglich übereignet, aber theoretisch unendlich oft schuldrechtlich verkauft werden.

5. Was bringt da die Blockchain?

Zunächst gar nichts. Die Blockchain ist die digitale Nachbildung des Grundbuchs. Ebenso wie im Grundbuch ein Eigentumswechsel nach dem anderen nachvollzogen werden kann, baut die Blockchain darauf auf, dass sie sich historisch legitimiert. Es lässt sich eben nicht wahllos etwas neues Einfügen, denn das passt nicht zum bisherigen Werdegang.

Doch auch bei der Blockchain müsste momentan das Grundbuchamt eine Änderung der Rechtslage veranlassen. Das bringt keine Zeitersparnis mit sich.Perspektivisch gedacht ändert sich das aber: Wie man es mit Smart Contracts sieht, gibt es eine selbstvollziehende Seite des Rechts. Schneller als das geht es gar nicht. Was also, wenn automatisch mit der Auflassung beim Notar, die Eintragung veranlasst wird und technisch innerhalb einer Millisekunde abgewickelt wird? Zu wenig menschliche Kontrolle?

Es würde jedoch den öffentlichen Glaube an das Grundbuch durch seine höhere Aktualität stärken, zudem wäre das Grundbuch digital für Jederman abrufbar. Eine Vormerkung hingegen würde vielleicht unnötig, da eine Rechtsänderung jederzeit für alle „internet-instant“ sichtbar eingetragen werden könnte.

6. Was birgt das für Risiken?

Ja, in der Tat ist hier wenig menschliche Kontrolle vorhanden. Und gerade das ist der Grund, warum solch ein Prozess bei Juristen ein mulmiges Gefühl auslösen kann. Denn viel zu oft ist das alles eben doch nicht so einfach und Kleinigkeiten können zu völlig anderen Rechtsergebnissen führen. Allerdings werden diese beim Grundbuchamt auch nicht wirklich kontrolliert…

Einer Implementierung in Deutschland stehen neben technischen Anforderungen an die Sicherheit auch Datenschutz und die Interoperabilität mit dem bisherigen System im Weg. Es jedoch als Modell in einem Land ohne Grundbuch zu testen, könnte eine sehr gute Idee sein. Denn in 50 Jahren noch per PDF das Grund-„Buch“ aufzublättern, dürfte dann doch etwas veraltet sein, selbst bei all der Sicherheit, die das mit sich bringt. Wie immer wird sich die Sicherheit der technischen Alternative erhöhen und daher sollten Anwälte und Notare zumindest offen an die Neuerungen herangehen.

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