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Smart Contracts – Großbritannien vs. Deutschland

Die britische Gesetzgebungskommission hat bereits vor einigen Jahren erklärt, dass es im Vereinigten Königreich für die Anwendung von Smart Contracts keiner Gesetzreform bedarf. Heutzutage rückt ihr alltäglicher Einsatz immer näher. Doch was sind Smart Contracts eigentlich und welche Vor- und Nachteile haben sie? Wie ist der Stand der Dinge in Deutschland? Fest steht: Kein Thema ist neben KI so zukunftsweisend, wie der großflächige Einsatz von Smart Contracts in der Wirtschaft. Sie könnten unser Rechtssystem im Privatrecht und unseren Konsum-Alltag enorm revolutionieren. Hierauf müssen besonders Juristen vorbereitet sein.  

1. Auf einen Blick

  • Was hat sich im Vereinigten Königreich getan?
    → Die britische Gesetzgebungskommission hat das bestehende Common Law für anwendungsfähig im Hinblick auf Smart Contracts erklärt. Das bietet Rechtssicherheit und Klarheit für alle Juristen, die mit Smart Contracts arbeiten.
  • Was sind Smart Contracts?
    → Als Smart Contract bezeichnet man Software, die auf einer Wenn-Dann-Logik basiert und automatisiert rechtliche Vereinbarungen ausführen kann.
  • Was sind die Vor- und Nachteile von Smart Contracts?
    → Sie funktionieren automatisiert, schnell und ohne Intermediär. Gleichzeitig sind sie nahezu unveränderlich und Juristen müssen die Verantwortung der Vertragsgestaltung teilweise an Programmierer abgeben.
  • Wie ist die (Rechts)Lage in Deutschland?
    → Die deutsche Rechtsordnung scheint noch nicht gewappnet für eine rechtssichere Anwendbarkeit von Smart Contracts. Es bleibt abzuwarten, wann der Gesetzgeber hier aktiv wird.

2. Was ist die Lage im Vereinigten Königreich?

Die britische Gesetzgebungskommission, die für die Überwachung der Gesetze im Vereinigten Königreich zuständig ist, hat im Jahr 2021 bekannt gegeben, dass „das bestehende Recht von England und Wales in der Lage ist, Smart Contracts zu berücksichtigen und anzuwenden, ohne dass eine Gesetzesreform erforderlich ist“. Die Kommission gibt somit der Anwendbarkeit von Smart Contracts grünes Licht und sorgt für mehr Rechtsklarheit im Umgang mit der neuen Technologie. Das britische Common Law, so die Kommission, sei flexibel genug, sich technologischen Entwicklungen anzupassen. Die Englische und Walisische Gerichtsbarkeit biete daher die ideale Plattform für Unternehmen und Innovation

Das war eine begrüßenswerte Nachricht für alle britischen Juristen, die bereits mit den „intelligenten Verträgen“ arbeiten. Zwar konnten Smart Contracts bereits genutzt werden, jedoch ohne wirkliche Rechtssicherheit, da bei aufkommenden Problemen des Vertrags stets die Möglichkeit bestand, nicht auf das geltende Recht zurückgreifen zu können. Rechtsanwälte müssen nun nicht mehr befürchten, sich bei der Vertragserstellung eines Smart Contracts in einer rechtlichen Grauzone zu befinden. Heutzutage hat sich hieran juristisch nicht viel geändert, jedoch ist die Implementierung vorangeschritten und das Thema zieht mit Aufsätzen und Arbeiten immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. 

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4. Was sind Smart Contracts?

Ein Smart Contract (wörtlich „intelligenter Vertrag“) ist ein Computerprogramm, das die Verifizierung, Kontrolle oder Ausführung einer Parteivereinbarung digital (auf Grundlage eines Programmcodes) erleichtert[1]. Der Code funktioniert mittels einer Wenn-Dann-Logik und kann bei dem Eintritt einer bestimmten Bedingung automatisch den zuvor festgelegten Erfolg herbeiführen. Das Ganze kann man sich wie bei einem Warenautomaten vorstellen, der, sobald der Kunde die Münze einwirft (Eintritt von Ereignis X), den Schokoriegel herausgibt (Herbeiführung von Ergebnis Y). Erste Erwähnungen des Konzepts Smart Contract gehen zurück in das Jahr 1994, in dem der Informatiker und Jurist Nicholas Szabo eine Begriffsbestimmung wagt und die Vorteile des „digitalen Transaktionsprotokolls“ benennt.

Irreführend ist die schlichte Übersetzung Contract = Vertrag, da ein Smart Contract aktuell lediglich die technische Ausführung einer zuvor geschlossenen Parteivereinbarung herbeiführt und nicht den Vertrag im Sinne der Willensübereinkunft bildet.

In aller Regel verläuft die Anwendung von Smart Contracts mittels der Blockchain-Technologie. Eine Blockchain lässt sich als dezentrale Datenbank verstehen. Jeder der dem Netzwerk der Blockchain beitritt hinterlässt einen sogenannten „Node“ (Knotenpunkt), der in der Datenbank gespeichert wird. Die Authentizität der Datenbankeinträge wird durch einen von allen Rechnern verwendeten Konsensmechanismus geprüft und verifiziert[2]. Um uns das Ganze etwas bildlicher vorstellen zu können hier einmal ein praktischer Anwendungsfall der Blockchain: die Lieferkette. Angenommen Zulieferer, Hersteller, Großhändler, Händler und Konsument speichern für alle Parteien zugänglich ihre Daten auf der Blockchain. Dann hat jeder Zugriff auf die die gleichen Daten und es gibt folglich nur eine „Quelle der Wahrheit“ welche die gemeinsame Vertragsbasis bildet. So können beispielsweise alle beteiligten Parteien in Echtzeit verfolgen in welchem Stadium sich das Produkt einer komplexen Lieferkette gerade befindet.

5. Was sind die Vor- und Nachteile von Smart Contracts?

Wie wir also am Lieferketten – Beispiel erkennen können, haben „intelligente Verträge“ großes Potenzial bestimmte Prozesse nicht nur rechtssicherer zu gestalten, sondern auch zu vereinfachen. Was sind also konkrete Vorteile, die mit Smart Contracts einhergehen und welche möglichen Risiken und Nachteile bergen sie? Hierzu ein Überblick[3]:

Vorteile

Nachteile

  • Notwendigkeit der Zwischenschaltung von Intermediären wird minimiert: Aufgaben, die aktuell nur von Rechtsanwälten oder Notaren übernommen werden dürfen, wie z.B. die Änderung des Grundbucheintrags, könnten mittels eines Smart Contracts erfolgen, indem dieser z.B. bei Überweisung des Geldes an den Verkäufer die Änderung automatisiert vornehmen könnte.
  • Automatisierung/Geschwindigkeit: Die Änderung des Grundbucheintrags ist nur eines von vielen Beispielen, in denen die Automatisierungsfunktion von Smart Contracts zum Tragen kommt. Aufgrund der Wenn-Dann-Funktion der Verträge, können Smart Contracts beim Eintritt jedes beliebigen, zuvor festgelegten, Ereignisses den gewollten Erfolg schnell herbeiführen.
  • Sicherheit: Smart Contracts sind verschlüsselt und werden durch die Kryptographie vor Eindringlingen geschützt. Die Beteiligten sind somit nicht mehr auf gegenseitiges Vertrauen angewiesen.
  • Rückverfolgbarkeit: Aufgrund der „Nodes“, die auf der Blockchain entstehen, ist es für alle Beteiligten möglich jede Veränderung innerhalb eines bestimmten Prozesses zurückzuverfolgen.
  • Unveränderlichkeit: Einmal programmiert, ist es nahezu unmöglich den laufenden Smart-Contract-Prozess zu ändern. Jeder Fehler im Code kann zu erheblichem Aufwand und Mehrkosten führen.
  • Hohe Abhängigkeit von Programmierern: Juristen müssen Teile der Verantwortlichkeit der Vertragsgestaltung abgeben und sich auf die technische Umsetzung von Programmierern verlassen.
  • Uneindeutige Vertragsbedingungen: Da Verträge Bestimmungen enthalten können, die nicht vollkommen eindeutig sind, kann es vorkommen, dass Smart Contracts nicht in der Lage sind bestimmte Vertragsbedingungen adäquat zu verarbeiten.
  • Mangelnde rechtliche Regulierungen hinsichtlich der Verwendung von Smart Contracts.

6. Wie ist die (Rechts)Lage in Deutschland?

Ein Antrag der FDP aus dem Jahr 2018[4] kam zu dem Entschluss, dass derzeit in Deutschland noch „Bedenken im Hinblick auf die Rechtsgültigkeit sowie möglicher technologischer Sicherheitslücken von Smart Contracts“ bestehen. Daraufhin forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, die Rechtsgültigkeit von Smart Contracts zu prüfen und Vorschläge für eine verbesserte Rechtssicherheit zu erarbeiten. Die Forderung wurde auf eine Stellungnahme des Sachverständigen BOTLabs GmbH gestützt. Dieser erachtete die deutsche Rechtsordnung für zivil-, handels-, und steuerrechtlich nicht in der Lage, innovative Smart Contracts in das Rechtssystem einzubetten und forderte den Gesetzgeber auf, aktiv zu werden.[5] Eine genaue und umfassende Regelung bleibt seitdem abzuwarten. Jedoch wird dies nicht mehr lange dauern können, da die Technologie auch in Deutschland auf dem Vormarsch ist und beispielsweise in Universitäten bereits heiß diskutiert wird. 

[1] Guggenberger, in: Handbuch Multimedia-Recht, Teil 13.7 Smart Contracts, ICOs und Datenschutz, Werkstand: 56. EL Mai 2021.

[2] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/blockchain-54161.

[3] https://corporatefinanceinstitute.com/resources/knowledge/deals/smart-contracts/.

[4] https://dserver.bundestag.de/btd/19/042/1904217.pdf.

[5] https://www.bundestag.de/resource/blob/627992/62298d2fd5b3497f5fca4d248c5078e2/03-BOTLabs-GmbH-data.pdf.

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